Nächste Woche bin ich raus. In den Schneeurlaub. Ich sage bewusst “Schneeurlaub”, da der Begriff “Skiurlaub” für meine Person absolut unpassend ist. Skifahren werde ich in diesem Leben nicht mehr lernen. Was nicht schlimm ist. Wer mir im Laufe meines zarten Lebens zuschaut, wie ich mich an Gleichgewichtssportarten versuche, der spendiert mir freiwillig viele Drinks. Bis ich die Hotelbar nicht mehr verlassen kann. Rollschuh, Skateboard, Schlittschuh, Inline-Skates oder einfach auf einer Linie balancieren. Ich habe Menschen stets fürstlich unterhalten. Und spätestens nach einem Wandertag auf die Schlittschuhbahn, war die gesamte jugendliche Kredibilität dahin. Sei’s drum. Ich lasse es einfach. Insofern schnappe ich mir nächste Woche Buch und Saunatuch und überlasse das Pistenjagen den Kindern. Deren Knochen sind noch biegsam. Auf Haruki Murakamis “Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki” freue ich mich. Schneeurlaub? Okay. Guano Apes, Lords Of The Boards bitteschön.
Und jetzt springen
Es kann so einfach sein. Band gründen, Nachwuchswettbewerb des mächtigen Musikfernsehens gewinnen, Kohle abgreifen, Album aufnehmen. Eine junge Band aus Göttingen gewinnt 1996 den von radio ffn Niedersachsen und VIVA veranstalteten Wettbewerb “Local Heroes”. Mit druckvollem Crossover und kraftvoller Frauenstimme sind sie auf Anhieb ein Alleinstellungsmerkmal in der seinerzeit darbenden, deutschen Musikszene. Mit den 70.000 DM Preisgeld geht es direkt ins Studio nach Hannover. 1997 erscheint Proud Like A God und meißelt umgehend einen Kontrast zu lokalen Eurodance-Projekten und peinlichen Boyband-Experimenten. Die Debütsingle Open Your Eyes hämmert sich ins Musikfernsehen und zeigt Sängerin Sandra Nasic als Gegenentwurf zur possierlichen Girl Power-Manie.
Die zweite Single Lords Of The Boards wird auf Anhieb zur Hymne aller, die sich ein Brett (mit oder ohne Rollen) unter die Füße klemmen. Jung, cool, hip. Die Guano Apes zelebrieren Crossover auf höchstem Niveau. Bevor das Genre Jahre später peinlich berührend und befremdlich in der Mottenkiste verschwindet. Wer, wie ich, mangels Talent und Einstellung, keinen Zugang zur rollenden Jugendkultur findet, der hüpft und springt zum Song mit ausgefahrenen Ellenbogen in Jugendclubs und auf Schulpartys. Spätestens beim Refrain ist es egal ob das Bier überschwappt.
Entschleunigt
Die Guano Apes haben eine gute Zeit, bis persönliche Animositäten Gräben durch die Band ziehen. Nach drei Alben ist 2006 Schluss, um sich drei Jahre später semi-erfolgreich aber öffentlich-harmonisch vereint an einem Comeback zu versuchen. Lords Of The Boards hat bis heute Bestand. Fern von schwelgenden Erinnerungen und Winterfolklore. Am Druck des Songs hat sich nichts geändert, das Bier schwappt immer noch übers Handgelenk. Ich mache nächste Woche ruhig und lass die Anderen den Berg runter sausen. Übernächste Woche geht es weiter mit einer grandiosen Sahneplatte. Ihr werdet es lieben!
Unnützes Kneipenwissen: Lords Of The Boards war eine Auftragskomposition für die Snowboardeuropameisterschaften 1998. Vorgabe war der Songtitel und dass dieser im Text vorkommen müsse.
11. Februar 2018 um 18:58 Uhr
Die Apes waren letztes Jahr ja mit ihrem Debütwerk auf großer 20th Anniversary Tour und ich muss gestehen: Das war echt großartig! Die Songs 20 Jahre danach noch immer mit dieser immensen Power zu erleben, hat ziemlich Spaß gemacht. Und bei “Lords of the boards” hat natürlich die ganze Bude gewackelt… 😉
11. Februar 2018 um 19:03 Uhr
Hey, liebsten Dank für deinen Erfahrungsbericht! 😉… Ich glaube auch, dass das Album immer noch funktioniert, auch abseits von Nostalgie… Beim Hören finde ich es nicht peinlich, ich weiß nur nicht, ob ich live noch die dreieinhalb Minuten durchhalten würde… 😂😂😂
12. Februar 2018 um 22:06 Uhr
Ja, das war auch für mich hart an der Grenze. Aber irgendwie hab ich das Lied überstanden und das komplette Konzert noch dazu. Ich erinnere mich dunkel, danach erstmal zwei Tage lang Ruhe und Entspannung gebraucht zu haben. Ich werd zu alt für den Sch… 😉
12. Februar 2018 um 22:07 Uhr
Willkommen im Club! 😉… Trotzdem darf für mich noch kein Konzert bestuhlt sein… 😂
12. Februar 2018 um 22:25 Uhr
Hatte ich letztens aber auch als ich in Leipzig Missincat gelauscht habe. Irgendwie stylish und bei ihren Songs ist schnelles rhythmisierendes Bewegen eh nicht nötig…
12. Februar 2018 um 22:26 Uhr
Das hatte ich vor ein paar Wochen bei Fortuna Ehrenfeld… Angenehm entspannt… Aber sitzen geht (noch) nicht… 😉