Das Herrliche am Kind sein ist, dass deine Gefühle so wunderbar absolut sind. Warum Grau, wenn es auch Schwarz und Weiß gibt? Das ist so fabelhaft simpel, dass die Welt gleichzeitig einfach, aber auch ungerecht wirkt. Mit jedem Schritt ist klar, ob es peinlich oder cool ist. Was ein Kind allerdings außer Acht lässt, ist die eigene Entwicklung. Gestern war es okay, dass die Haare kurz sind, heute ein unverzeihlicher Fehler. Bis die eigene Mitte sich in innerer Ausgeglichenheit findet, sind viele Kämpfe zu fechten. Die meisten verlieren wir. Wobei ich jetzt bewusst offen lasse, ob ich als Vater oder Kind spreche. Scheitern gehört zur persönlichen Entwicklung dazu. Schwäche zeigen ebenfalls. Auch wenn wir lange, sehr lange, überlegen, ob das okay ist. Und nochmal länger dauert es, bis wir es aussprechen. „Papa, ich find das Lied … schön!“, säuselt Jakob so leise wie möglich. Bei den letzten Tönen von Shallow. Lady Gaga und Bradley Cooper.

Not Whitney

Nun ist der Song, dank der kürzlich verliehenen Oscars, derzeit in aller Munde. Geschrieben von Lady Gaga, Mark Ronson, Andrew Wyatt und Anthony Rossomando, als Titelsong für den Film A Star Is Born. In dem Lady Gaga gemeinsam mit Bradley Cooper die Hauptrolle spielt. Hochdekoriert mit zwei Grammys, einem Golden Globe sowie einem Oscar, lässt sich Shallow durchaus als „Song der Stunde“ in diesem Frühjahr 2019 bezeichnen. Zeit Online beschreibt den Song als „einen Schlüsselsong, der sowohl szenenimmanent als auch unabhängig von der Handlung anschlussfähig ist […]. Lady Gaga stelle in dem Song die Wucht und den Umfang ihrer Stimme aus.“ Weiterhin bemerkt die Autorin, dass „der letzte große Musikfilm, der einen so ikonischen Song hervorgebracht habe, Bodyguard hieß.“ Da ist etwas Wahres dran. Obwohl es keinen Song der Welt gibt, den ich mehr meide, als I Will Always Love You. Fürchterlich.

Karaoke plays

Der innere Kampf zwischen Schwarz und Weiß war selten so gut zu beobachten wie in den dreieinhalb Minuten von Shallow. Mit angelehntem Kopf an der Fensterscheibe lauschend, ein Titelbild im persönlichen Fotoalbum des Achtjährigen. „Darf ich das gut finden? So langsam kommt die Phase, in der kindliche Begeisterung präpubertärem Abwägen weicht. Ich freu mich. Nicht. Aber Shallow mag ich (so lange die Frequenz überschaubar bleibt). Und Lady Gaga auch. Habe ich schon mal erzählt. Auch wenn wir in Zukunft in den Karaoke-Bars viel Ertragen müssen. „I’m off the deep end, watch as I dive in, I’ll never meet the ground.“


Mit einem Ohr offen begleite ich meine Zwillinge Emil und Jakob auf ihrem Weg durch die musikalische Welt. Wo bleiben sie stehen, wo verweilen sie? Wo sehe ich mich, wo laufe ich weg? Jeder Tag voller Spannung und vor allem, nie ohne Musik. Erfahrt hier mehr über die Songs der Sahnehäubchen.