Es gibt Platten, die stehen nicht für die EINE Geschichte. Für etwas Besonderes. Für den Moment. Oder für die Erinnerung, die einem das Schmunzeln ins Gesicht zaubert. Viel mehr stehen sie für eine erlebte Zeit, das Sinnbild einer Phase. Die heutige Sahneplatte ist solch ein Beispiel. Viel mehr steht sie für eine Phase in meinem Leben, als die Clubs noch im Keller waren und es von der Decke tropfte. Laut und stickig durfte es sein. Und nicht zu knapp. “Was macht Dave Grohl da?”, fragte ich mich, als ich das erste Mal das Video zu No One Knows sah. Danach waren die ersten Takte des Songs eine stete Aufforderung, die Tanzfläche zu stürmen. Oder etwas Ähnliches, das gerade zur Verfügung stand. Die Queens Of The Stone Age geleiten auf höchstem Niveau ins neue Jahrtausend. Songs For The Deaf wird zum Meilenstein, der mächtig Hormone abbaut und nicht stillsitzen lässt.
“Nicotin, valium , marihuana, ecstasy and alcohol”
1995 war Schluss mit Kyuss. Die Streitigkeiten innerhalb der Band um Frontmann John Garcia ließen keinen anderen Schluss zu. Kyuss begründeten das Genre des Stoner Rock, welches eng verbunden ist mit der lokalen Musikszene um Palm Desert, Kalifornien. Die Mitglieder der Band begannen, sich nach der Auflösung eigenen Projekten zu widmen. Der Jüngste im Bunde, Joshua, genannt Josh, Homme stammt gebürtig aus Palm Desert und hat den Plan, die Idee und den Sound des Stoner Rocks weiterzuentwickeln. Mit 22 Jahren hat er bereits sieben Jahre Bandgeschichte hinter sich. Gastauftritte bei befreundeten, artverwandten Bands (Screaming Trees, Earthlings?, Soundgarden) erfüllen ihn nicht mit Zuversicht. Gemeinsam mit zwei befreundeten Musikern gründet er die Band Gamma Ray. Bis sie merken, dass es eine deutsche Power Metal-Band mit dem gleichen Namen gibt. Chris Goss, ein Freund der Band, schafft Abhilfe. „God, you sound like the queens of the stone age“. Danke!
Personalwechsel durchziehen die Geschichte von Queens Of The Stone Age. Dabei bleibt Josh Homme die einzige Konstante in der Band. Ihr Debütalbum spielen sie zwei Jahre nach ihrer Gründung ein. Als Titel fungiert der Bandname, 3.000 Kopien presst die Plattenfirma. Die Fans sind von der Eigenproduktion begeistert und Queens Of The Stone Age touren erstmals für eine längere Zeit. Für jene Tour engagiert Josh Homme Bassist Nick Oliveri mit dem er einige Zeit bei Kyuss spielte. Für die folgenden sechs Jahre bleibt Oliveri eine Konstante am Instrument und die kreative Ergänzung zu Homme. 2000 erscheint das Folgealbum Rated R, für das Homme, in Ermangelung einer festen Besetzung, viele befreundete Musiker gewinnt. Mit Feel Good Hit Of The Summer schreiben Queens Of The Stone Age ihren ersten kleinen Hit. Obwohl der Text lediglich aus einer zusammenhangslosen Aufzählung von Drogen handelt. Die Band erfährt mit dem Album die ersten kommerziellen Erfolge.
Lieder für Taube
Ende 2001 machen sich Homme und Oliveri an die Arbeit zu ihrem dritten Studioalbum. Problem: Es fehlen erneut Musiker. Homme beginnt ein weiteres Mal seine Freunde abzuklappern. Dabei geht er bewusst auf jemanden zu, den er seit einer Supportshow mit Kyuss aus dem Jahre 1992 seinen Freund nennt. Dave Grohl steckt zu jener Zeit knietief in den Aufnahmen des neuen Album der Foo Fighters und behauptet von sich “lange kein Schlagzeug mehr gespielt zu haben”. Für Homme ist das kein Hindernis. Grohls Stil, die Drums hart anzuschlagen, passt hervorragend zum angepeilten Stil der neuen Platte. Dave Grohl sagt zu und verschiebt der Veröffentlichung des Foo Fighters Album One By One um mehrere Monate. Mit Mark Lanegan und Troy Van Leeuwen von den Screaming Trees beendet Josh Homme seine Bastelarbeit am Line-Up. Die Aufnahmen beginnen.
Homme und Oliveri wollen, dass die neue Platte verrückt und bizarr klingt. Den Stoner Rock aus seinen festen Mustern hebt und den Sound neu definiert. Sie ersinnen ein Konzeptalbum, in dem die Songs nicht einzeln zu hören, sondern mit Ausschnitten fiktiver Radioprogramme verbunden sind. Der Hörer begibt sich auf eine Autofahrt durch die kalifornische Wüste. Von Los Angeles nach Joshua Tree begleiten ihn typische Klänge des Autoradios. Der Albumtitel wird zur Kampfansage. Songs For The Deaf soll klarmachen, was den Hörer erwartet. Das Album erscheint im August 2002. Kritiker erheben das Album umgehend in den Adelsstand. Top Ten Platzierungen weltweit, Musikvideos auf MTV und zwei Grammy Nominierungen bedeuten den globalen Durchbruch der Queens Of The Stone Age.
Lichtausblasen
Das Album nimmt mit seinem Facettenreichtum mit auf eine Reise und macht emotionalen Halt an vielen Raststätten. Der Opener …Millionaire schreit frontal ins Gesicht, bis No One Knows den Hörer auf die Tanzfläche schubst. A Song For The Dead ist buchstäblich “ein Brett”, prädestiniert für alpinen Berglauf oder Entfernen von lästigem Hausstaub. Ich kenne keinen Song, der dermaßen antreibt und erlebte ihn zweimal als “lichtausblasende” Zugabe auf Livekonzerten. Danach ist The Sky Is Fallin ein kühlender Quarkwickel. Go With The Flow ist die Perle des Albums. Mehr positiver Antrieb auf dem letzten Joggingkilometer geht nicht. Gute Laune für jede Tages- und Nachtzeit. Generell gewinnt das Album gegen Ende weiter an Schwung und Stimmung, bis am Ende A Song For The Deaf die Klammer schließt. Die beiden Hidden Tracks Mosquito Song und Everybody’s Gonna Be Happy gibt’s als Kirsche obendrauf.
Mit Songs For The Deaf habe ich Queens Of The Stone Age kennen und lieben gelernt. Die Platte besitzt einen Ausnahmestatus in meiner Sammlung, trotz der sporadischen Härte rhythmisch, mit grandiosen Riffs. Es treibt an, pusht und alles mit guter Laune. Seit Songs For The Deaf habe ich kein Album verpasst. Dave Grohl verlässt die Band in der Tour zum Album, um sich den Foo Fighters zu widmen. 2004 wirft Josh Homme Nick Oliveri aus der Band, da sich Gerüchte halten, er misshandele seine Freundin. Gerüchte, die der Bassist nicht entkräften kann oder will. So gehören Personalrochaden weiterhin zum Bandalltag der Queens Of The Stone Age. Lediglich Josh Homme ist die Konstante und das Herz der Band, die bis heute als referenzbildend in der Rockmusik gilt. In diesem Sinne: Gimme toro, gimme some more!
Unnützes Kneipenwissen I: Auf Songs For The Deaf befindet sich ein Track mit der Nummer 0, der nicht auf dem Booklet abgebildet ist. Um The Real Song for the Deaf zu hören, muss der Track 1 auf -1:33 zurückgespult und abgespielt werden. Eine Stimme ertönt und sagt “Huhu? What?”, worauf ein Basslauf und weitere Töne beginnen. Der Track existiert nur auf CD-Pressungen und ist nicht von allen Playern zu erkennen. Eine Digitalisierung des Albums in ein MP3-Format führt zum Verlust der Aufnahme. Auf manchen Streaming Plattformen wird er als separater Track geführt.
Unnützes Kneipenwissen II: Mit No One Knows wurde Dave Grohl der erste Musiker, der mit drei verschiedenen Bands Platz #1 der amerikanischen Rockcharts erreichte (Nirvana, Foo Fighters, Queens Of The Stone Age).
… gimme some more …
Unnützes Kneipenwissen III: Regie zum Video von No One Knows führt der wunderbare Michel Gondry, der sich ebenfalls für fabelhafte Videos der Foo Fighters (Everlong) und Björk (Human Behaviour) verantwortlich zeichnet.
Anspieltipps: Go With The Flow, No One Knows, Do It Again, A Song For The Dead
Höre ich dann am liebsten: wenn der Hausstaub aus dem Kopf soll
Wenn euch die Sahneplatte gefällt, schaut doch in der Plattenkiste vorbei. Da gibt es noch weitere hervorragende Alben und spannende Geschichten.
Queens Of The Stone Age – Songs For The Deaf
Genre: | Rock |
Stil: | Stoner Rock, Desert Rock |
Jahr: | 2002 |
Anzahl Titel: | 15 |
Laufzeit: | 60:53 |
Tracklist
You Think I Ain’t Worth a Dollar, But I Feel Like a Millionaire | 3:12 |
No One Knows | 4:38 |
First It Giveth | 3:18 |
A Song for the Dead | 5:52 |
The Sky Is Fallin | 6:15 |
Six Shooter | 1:19 |
Hangin' Tree | 3:06 |
Go with the Flow | 3:07 |
Gonna Leave You | 2:50 |
Do It Again | 4:04 |
God Is In The Radio | 6:04 |
Another Love Song | 3:16 |
A Song for the Deaf | 6:42 |
Mosquito Song (Hidden Track) | 5:37 |
Everybody’s Gonna Be Happy (Hidden Track) | 2:36 |
19. März 2018 um 15:26 Uhr
Wieder was gelernt, tatsächlich wusste ich nicht, dass Dave Grohl bei Queens of the Stone Age war.
Ich hab mir übrigens mal – aus Gründen – in einem Social Network den Namen Queen of Stonehenge gegeben 😉
20. März 2018 um 9:27 Uhr
Sehen Sie meine Liebe, dafür bin ich da 😊. Es war auch insgesamt nur ein Jahr, mehr hat die Arbeit mit den Foo Fighters nicht zugelassen… Übrigens aus meiner Sicht der Grund, warum die “One by one” der Foo Fighters sehr hektisch und schwach produziert ist, trotz guter Songs. 😉
Deine Gründe interessieren mich doch brennend.. 🤔😊
23. März 2018 um 21:16 Uhr
Ich muss ja gestehen, dass dieses Album damals an mir vorbeiging. Keine Ahnung, wo ich da musiktechnisch noch festhing, aber der richtige Einfluss war offenbar noch nicht da. Natürlich kannte ich No One Knows, aber da hörte es auch schon auf.
Tatsächlich habe ich erst mit dem vorletzten (oder vorvorletzten?!) Album Like Clockwork zu Queens of the Stone Age gefunden – zum Glück endlich. Besser spät als nie. Musik wird ja zum Glück selten ranzig.
Und heute frage ich mich, wie ich der Stimme von Josh Homme so lange widerstehen konnte.
23. März 2018 um 21:19 Uhr
… Vor allem sein Hüftschwung liebe Cathy… 😉. Die Queens sind zum Glück gut “gealtert” und die neuen Alben sind auf ihre Art weiterhin sehr gut. Die unglaubliche Energie hatten sie aber auf Rated R und auf diesem Meisterwerk! Unbedingt anhören 😊❤️🎧
23. März 2018 um 22:03 Uhr
Nein, nein, die Stimme schafft da deutlich mehr. Da kann kein Hüftschwung mithalten. 😀
Aber absolut!
23. März 2018 um 22:04 Uhr
Coole Socke, definitiv! 😊
7. April 2018 um 1:14 Uhr
Ooh ja, Queens of the Stone Age!!! Das Album ist so ein Riesen-Meilenstein 👍
7. April 2018 um 1:15 Uhr
Aber hallo! 🤘👌