Da gab es diesen älteren Freund aus der Nachbarschaft. So ein Freund, der bereits coole Musik hört. Der hatte eine Platte zuhause, dessen Cover zierte eine Cartoonfigur, die dem Betrachter ganz keck den Stinkefinger zeigt. Böse. Die Band spielt auf dem Album Hardrock mit lauten Gitarren. Oft fällt das F…-Wort. Böse. Die Bandmitglieder tragen lange Haare. Die Songs grooven trotz ihrer Härte. Es ist ein Album, dass du hörst, mit dem Kopf nickst und schmunzelst ob der pubertären Texte. Genau richtig für heranwachsende Teenager, die sich noch nicht entschieden haben, ob sie richtig oder nur angedeutet böse sein wollen. Die Band heißt Ugly Kid Joe und kommt aus Kalifornien.
Groove und Gänsehaut
Im Jahr 1992 veröffentlicht die Band erst eine EP (“As Ugly As They Wanna Be“) und später ihr Debütalbum. “Americas Least Wanted” heißt das Werk und ist vollgepackt mit groovigen Hardrock-Songs. Das Cover von EP und LP ziert das Bandmaskottchen. Ein von Moish Brenman gezeichnetes, ungepflegtes Cartoon-Kind, das dem Betrachter den Stinkefinger zeigt und dabei gleichzeitig eine Flasche Bier hinter seinem Rücken versteckt. Anfang der 1990er-Jahre ein großer Aufreger in Amerikas Supermarktketten. Dabei hatten diese gerade hektisch massenweise Aufkleber über einen Babypenis auf einem nicht ganz unbekannten Albumcover kleben müssen. Stress im Job.
Wir hörten uns durch die Platte, auf der ein Rocksong dem anderen folgt. Plötzlich bleiben wir an Song Neun hängen. Eine Melodie gleich einem Gute-Nacht-Lied. Irgendwo schon mal gehört. Kommt bekannt vor. Es wird der größte Hit von Ugly Kid Joe. “Cats In The Cradle” kennt heute jeder. Eine Coverversion des amerikanischen Songwriters Harry Chapin aus dem Jahre 1974. Das Lied beschreibt die Geschichte eines Mannes, der nie Zeit für seinen Sohn hatte. Nachdem er alt geworden und der Sohn aus dem Hause ist, wiederholt sich seine Geschichte. Es ist ein Song, der allen Söhnen, Vätern und auch Hardrockern Tränen in die Augen treibt. Neben Cat Stevens “Father and Son” DIE vertonte Vater-Sohn-Beziehung und mit einer Botschaft, dass Väter stets acht geben sollen. Nicht auf das was sie haben wollen, sondern das was sie bereits besitzen.
Berührend
Chapin starb bereits 1981 im Alter von 39 Jahren bei einem Autounfall. Ugly Kid Joe lösten sich 1997 nach nur zwei Alben auf. Seit 2010 spielen sie wieder Konzerte und nahmen ein neues Album auf. Americas Least Wanted zu einer Sahneplatte zu erheben, finde ich in diesem Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe, irgendwie lustig. Eigentlich passt es nicht so recht, es war aber eine unbeschwerte Zeit in der Ugly Kid Joe dabei halfen, neue Musik zu entdecken. Ich werde darüber nachdenken…
Das Jakob Cats In The Cradle für sich entdeckt hat, finde ich vor dem Hintergrund des Vater-Sohn-Themas berührend. Auch wenn er den Text (noch) nicht versteht, scheint etwas dran zu sein. “He’d grown up just like me. My boy was just like me…yeah, yeah, yeah”
Unnützes Kneipenwissen: Der Anfang des Songtextes beginnt mit einem Gedicht von Harry Chapins Frau Sandra Gaston. Sie beschreibt die schwierige Beziehung ihres Ex-Mannes James Cashmore zu dessen Vater John. Nach eigener Aussage Chapins, “fürchtet ihn der Text zu Tode, wenn er an seinen eigenen Sohn denkt”. Sandra Chapin steht heute in allen Textcredits.
23. August 2017 um 8:18 Uhr
Ich habe 25 Jahre gebraucht, um zu erfahren, dass der Text nicht aus deren eigener Feder stammt!? Gut, ich habe das auch nie hinterfragt. Aber geahnt, ja, geahnt habe ich das schon immer! 🙂
23. August 2017 um 8:22 Uhr
Haha, stark fraggle! 🙂
Ja, wenn man sich das Album anhört, könnte man erahnen, dass der Kontext irgendwie nicht ganz passt…;)
Das Original von Harry Chapin wurde bereits popkulturell vielfältig verwendet, bspw, bei den Simpsons…
Aber hey, man lernt nie aus….:)
LG Torsten
23. August 2017 um 9:34 Uhr
„Cats In The Cradle“ habe ich auch zuerst in der Version von Ugly Kid Joe gehört, bevor ich das Original von Harry Chapin kennengelernt habe. Chapin selbst hat ja mal bei einem Konzert gesagt: „Ganz ehrlich – dieses Lied erschreckt mich zu Tode.“ Vermutlich hat er in dem Augenblick an seine eigenen Erziehungsfehler gedacht. Und wahrscheinlich hätte er auch gerne mehr Zeit für seine Familie gehabt.
23. August 2017 um 9:38 Uhr
Hey hotfox, da bin ich bei dir… Das sinngemäße Zitat von Chapin habe ich im “Unnützen Kneipenwissen” verwurstet… 😊
23. August 2017 um 15:07 Uhr
Immer wieder interessant den Background von Musikern zu erfahren! Die Band sagt mir leider gar nichts aber das liegt wohl einfach an meinem Alter 😀 *räusper*
23. August 2017 um 15:12 Uhr
Das ist auch gar nicht schlimm, elizzy… 😊. Dafür gibt’s ja mich… 👍😊❤️
24. August 2017 um 21:41 Uhr
Oh, ich hätte es mir auch denken sollen, dass es nicht ihrer Feder entsprang. 😀 Schöne Erinnerung aber an meine Schulzeit!
24. August 2017 um 22:18 Uhr
Schön, dass es dir gefällt! 😊…. Fühle dich jederzeit willkommen… 😊
24. August 2017 um 22:21 Uhr
Gerne! 🙂