Kirk Weddle gilt als Spezialist für Unterwasserfotografie und bekommt im Mai 1991 einen kleinen Auftrag. Robert Fisher meldet sich bei ihm, seines Zeichens Art Director bei der Plattenfirma Geffen Records. Er hat die Aufgabe, für eine junge Band ein Albumcover zu gestalten, welches nach den Vorstellungen des Sängers und Gitarrist der Band aussehen soll. Eine Unterwasseraufnahme eines neugeborenen Babys. Fisher zieht sich im ersten Schritt Stockfotos heran, die jedoch nicht dem Wunsch der Band entsprechen. Also kommt es zu einem gebuchten Shooting mit Spezialist Weddle, für den die Aufgabe nicht besonders spannend anmutet. Er platziert seine Ausrüstung in einem großen Pool in Los Angeles und macht Aufnahmen mit vier verschiedenen Babys aus einem Neugeborenenschwimmkurs. Doch erst das fünfte „Model“ erlangt Weltruhm  und schmückt Nirvanas Album Nevermind mit einem der ikonischsten Bilder der Musikgeschichte.

„Okay, schmeiß‘ jetzt das Baby in den Pool.“

Die Idee zum Cover kommt Kurt Cobain beim Schauen einer TV-Dokumentation über Unterwassergeburten. Er ist begeistert und bittet Geffen Records, die Idee für das kommende Albumcover aufzugreifen. Robert Fisher ist die Darstellung einer Geburt zu plastisch. Er schließt mit Cobain den Kompromiss, Unterwasseraufnahmen von einem neugeborenen Baby zu verwenden. So schließt sich der Kreis zu Kirk Weddle, der gut befreundet mit einer Familie Elden ist. Der Vater Rick hilft ihm aushilfsweise bei Shootings, kümmert sich um das Material und die Technik.

Die Eldens haben zum Zeitpunkt des Shootings einen vier Monate alten Sohn namens Spencer. Als sich die Aufnahmen mit den Babys aus dem Schwimmkurs als nicht passend herausstellen, bittet Weddle die Eldens, ob nicht Spencer am Shooting teilnehmen möchte. Als Gage verspricht er 250 Dollar und ein gemeinsames Essen mit der Band, sobald Spencer erwachsen ist. Rick Elden stimmt dem Deal zu und platziert Spencer am 23. Mai 1991 für das Shooting im Pool. Die Aufnahme dauert 15 Sekunden, die Familie nimmt die 250 Dollar und geht Tacos essen. Was Weddle an dem Bild mit Spencer fasziniert ist, dass der Kleine, als er langsam im Wasser versinkt, realisiert, dass Ungewöhnliches passiert und er nicht atmen kann. Weddle nimmt das Beste von fünf geschossenen Fotos und übergibt es Robert Fisher und der Band. Diese fügen noch den Angelhaken mit der Dollarnote ein, fertig ist das Albumcover für Nevermind.

Einmal Penis reicht

Als das Album erscheint, löst es Kontroversen bezüglich des gezeigten Babypenis von Spencer Elden aus. Moralisten bezeichnen das Bild als Pädophilie verherrlichend, die amerikanische Kaufhauskette WalMart zensiert das Geschlechtsteil mit einem schwarzen Sticker. Bereits nach dem Shooting ist sich Geffen Records nicht sicher, ob sie das Foto verwenden wollen. Aber Kurt Cobain lehnt es strikt ab, das Bild zu verändern. Einen Aufkleber würde er nur akzeptieren, wenn darauf stünde: „Wer sich hiervon gestört fühlt, muss heimlich pädophil sein.“ Das Label gibt nach. Nevermind schreibt Musikgeschichte und schenkt einem kleinen Babypenis Weltruhm.

Spencer Elden hat Nirvana selbst nie getroffen. Zum vereinbarten Essen mit der Band kam es aufgrund des frühen Todes von Kurt Cobain nie. Zu diversen Jubiläen (zehn, 20 und 25 Jahre) hat er das Foto im besagten Pool in Los Angeles, wo er noch heute lebt, nachgestellt. Allerdings niemals nackt. Warum heute dieses besondere Sahnehäubchen? Zum einen feiert das Foto gerade sein 27. Jubiläum (und die Zahl 27 hat in der Rockmusik eine besondere Bedeutung). Zum anderen, ein Thema mit Musik und Kindern ohne die Zwillinge. Bitte findet in der unten eingebetteten Playlist Outtakes vom Shooting Weddels mit der Band, eine kurze Doku zur Geschichte des Covers, sowie ein kleines Interview mit Spencer Elden zum 25-jährigen Jubiläum von Nevermind. Enjoy!

Unnützes Kneipenwissen: Gerne zeige ich euch an dieser Stelle zwei mit Spencer Elden nachgestellte Fotos zum 20- und 25-jährigen Jubiläum des Albums.

 

Nirvana_Nevermind_2011

Spencer Elden 2011 – Foto: promiflash.de

 

Nirvana_Nevermind_2016

Spencer Elden 2016 – Foto: news.artnet.com

 

 


Jede Woche begleite ich meine Zwillinge Emil und Jakob auf ihrem Weg durch die musikalische Welt. Wo bleiben sie stehen, wo verweilen sie? Wo sehe ich mich, wo laufe ich weg? Jeder Tag voller Spannung und vor allem, nie ohne Musik. Erfahrt hier mehr über die Songs der Sahnehäubchen.