Vergangenen Samstag war es soweit. Die heimische Sofalandschaft verwandelt sich in ein Konglomerat aus Decken, Kissen und kalorienspendendem Salzgebäck. Alles in unglaublichen Mengen, die ein ganzes Bataillon vor Kälte und Salzmangel schützen. Mittendrin die Zwillinge, die dem ersten Eurovision Song Contest (ESC) entgegensehen. “Papa, wir bleiben bis zum Schluss”. Bestimmt. Kurz das Prozedere des Wettbewerbs erklärt und zur Sicherheit den Kinderatlas positioniert, um spontan auftretende Wissenslücken bezüglich der teilnehmenden Nationen zu schließen. Alltag im Geografenhaushalt. Die Show beginnt und legt die ganze Bandbreite an Skurrilität europäischer Sangeskunst vor den Jungs nieder. Ein Dracula aus der Ukraine, Romeo & Julia aus Spanien oder Wacken-Metal aus Ungarn. “Warum singt Beth Ditto für Israel?”. Es beginnt mit seltsamen Geräuschen und Stimmbandakrobatik. Danach lupenreiner K-Pop. Kurzes Lauschen. “Papa, ruf’ für die an!”. Mein Herz schlägt für ungarischen New Metal, mein Kopf sagt: “Hör’ auf Emil”. Netta feiert “Diversity” und vertont die #metoo-Kampagne. Toy.
Nonkonform
Netta Barzilai stammt aus Hod HaSharon, einer kleinen Stadt nordöstlich von Tel Aviv, in der sie 1993 das Licht der Welt erblickt. Ihre Familie besitzt georgische Wurzeln und in ihrer Kindheit verbringt Netta einige Jahre in Nigeria. Dadurch lernt sie Nonkonformität bereits in jungen Jahren kennen. Sie jobbt als Kindergärtnerin und Kellnerin und verdient sich als DJ und Sängerin auf Hochzeitsfeiern etwas dazu. Sie studiert elektronische Musik, gründet ein Improvisationstheater und unterrichtet Gesang. Besondere Aufmerksamkeit erzielen ihre Loopworkshops für junge Musiker. Netta nutzt die Looper und performt mit deren Hilfe Medleys bekannter Popsongs. Im israelischen Vorentscheid zum ESC setzt sie sich knapp nach insgesamt 20 (!) Entscheidungsrunden durch. Am vergangenen Samstag in Lissabon erhält sie die drittmeisten Jury- und die meisten Zuschauerstimmen, womit sie am Ende den 63. Eurovision Song Contest gewinnt. In ihrer Dankesrede bringt sie vorschnell Jerusalem als nächsten Austragungsort ins Spiel, was ihr in der Heimat Kritik einbringt.
Näschen
Toy ist eine typische Elektropop-Nummer, die es alljährlich beim ESC zu bestaunen zu gibt. Bunt, laut, schrill. Netta gackert, gurrt und tschirpt. Alles Effekte, die sie zu Beginn des Songs in den Lopper wirft und daraus die Basis des Songs baut. Definitiv ist sie eine Erscheinung, wirkt authentisch. Auch wie sie in ihrer Dankesrede für die von ihr propagierten Werte (Verschiedenheit und Selbstbestimmung) einsteht. Für die Jungs war es ihr erster ESC. Jakob erlebt die letzten Songs nicht mehr mit. Emil kann hingegen, bevor auch er die Punktevergabe verschläft, seinem Siegertipp Ausdruck verleihen. “Israel, Israel, Israel”. Da legt er sich fest und beweist ein gutes Näschen. Trotz Salzschock und Augen auf Halbmast. Ich war ja für Ungarn und habe die Hoffnung, dass Emil den Blog eines Tages mit Weisheit und Scharfsinnigkeit weiterführt. Oder Jakob.
Unnützes Kneipenwissen: In Israel gilt die 1949 eingeführte Wehrpflicht auch für Frauen. Netta verbringt ihren Militärdienst als Sängerin bei der Band der Marine.
Jede Woche begleite ich meine Zwillinge Emil und Jakob auf ihrem Weg durch die musikalische Welt. Wo bleiben sie stehen, wo verweilen sie? Wo sehe ich mich, wo laufe ich weg? Jeder Tag voller Spannung und vor allem, nie ohne Musik. Erfahrt hier mehr über die Songs der Sahnehäubchen.
17. Mai 2018 um 6:11 Uhr
Wie ich schon an anderer Stelle sinngemäß schrieb: Ich habe das Gackern, Gurren und Tschirpen – das mich, nebenbei bemerkt, irgendwie an Textstellen von Lady Gaga erinnerte (“gaga-ulala”, und so sinnfreies Zeug) – ebenso wenig begriffen wie die Winkenkatzen, das Hühnchen-Gehüpfe und eigentlich alles, was sonst mit diesem Lied zusammenhing.
Ich mochte Litauen. Und Dänemark. Und Deutschland natürlich. Aber poppiges Elektro-Zeugs ist ja ohnehin eher nicht so meine Welt … 🙂
17. Mai 2018 um 8:35 Uhr
Ja, ein bisschen ist das schon vergleichbar mit Lady Gaga (Nonkonformität, Selbstbestimmung). Sinn machen sollte aus meiner Sicht sowieso kein ESC-Beitrag, ernste Themen gibt es auf der Welt genug 😉
Ich war aber definitiv auch in meiner Gitarren- und ein bisschen Brüllwelt (Ungarn) gefangen…:D
17. Mai 2018 um 6:31 Uhr
Moin 😄
Ich mag die Idee die hinter diesem Lied steckt und ich finde die Botschaft auch wichtig, etc pp – aber das Lied fand ich absolut grottig. Mein Herz war bei der Elfe aus Litauen. ❤️
17. Mai 2018 um 8:37 Uhr
Moin 😀 (haben wir uns schon mal so begrüßt??? Stelle mir echt gerade vor, wie du kaugummikauend mit den Händen in der Hosentasche in den Klassenraum kommst, dich hinfläzt und aus dem Mundwinkel die Welt erklärst xD xD). Der Song war wirklich nicht besonders, hatte aber einen starken Refrain, der, gepaart mit der bizarren Erscheinung, reicht um zu gewinnen. Finde es aber immer toll, wenn jeder so seine eigenen Favoriten hat…Das machts aus…:)
17. Mai 2018 um 8:50 Uhr
Ha, das stelle ich mir nun auch gerade vor – interessant auf jeden Fall 😅
17. Mai 2018 um 6:38 Uhr
Ach, ich glaub, dass die Zwillinge Toy ganz toll fanden normal. Ungarn war auch wenn ich kein Metlar bin sehr gut. Obwohl ich ja Fan elektronischer Tanzmusik bin, hat der Song mich nie gepackt. Da fand ich Tschechien, Schweden, Finnland oder Australien stärker…
Ich glaube es hätte keinen besseren ESC als Einstieg geben können, weil es noch nie solch eine Bandbreite gab…
17. Mai 2018 um 6:39 Uhr
Ach, ich glaub, dass die Zwillinge Toy ganz toll fanden normal. Ungarn war auch wenn ich kein Metlar bin sehr gut. Obwohl ich ja Fan elektronischer Tanzmusik bin, hat der Song Israels mich nie gepackt. Da fand ich Tschechien, Schweden, Finnland oder Australien stärker…
Ich glaube es hätte keinen besseren ESC als Einstieg geben können, weil es noch nie solch eine Bandbreite gab…
17. Mai 2018 um 8:41 Uhr
Vielen Dank für deine Worte…:) Ich habe mich auch schon mal mehr gelangweilt, war stellenweise echt kurzweilig. Obwohl ich finde das 26 Songs schon echt Obergrenze sind. Na ja, immerhin hats in Hamburg nicht geregnet (war immer sinnbildlich für das deutsche Abschneiden die letzten Jahre ;)). Mir waren Schweden und Australien einfach zu glatt, ich mag es gerne etwas bunter und unkonventioneller (dafür ist der ESC ja da – so ne Mischung aus Vorsingen und Theater-AG). War auch sehr geschockt um die Diskrepanz zwischen (aalglatten) Juryvotes und (unkonventionellen) Zuschauerstimmen. Aber wenn ich sehe, wer in der deutschen “Jury” saß, wundert mich das nicht…;) Eher “am Bedarf vorbei”, mal sagen…:D
17. Mai 2018 um 9:01 Uhr
Hier sieht man die unterschiedlichen Haltungen zum ESC. Ich verfolge diesen Wettbewerb in der Hoffnung potenzielle Tophits zu sehen und da waren für mich Schweden, Tschechien, Zypern, Deutschland und Österreich die ersten Kandidaten oder um andere gute Musik zu hören wie bei der Niederlande, Albanien, Frankreich der Fall. Ich mag das skurrile bei einem guten Song zu dem es passt, weswegen ich für Moldawien ne SMS gegeben habe. So richtig fürchterlich fand ich die Pseudooper aus Estland und Rybaks Lehrsong. 2 aus 26 ist dahingehend eine Bombenquote…
17. Mai 2018 um 9:33 Uhr
Oh ja, das stimmt…:D Lassen wir uns nächstes Jahr wieder überraschen…:)
17. Mai 2018 um 6:57 Uhr
An Beth Ditto hatte ich auch zuerst gedacht 😉 Ich mochte Istrael nicht besonders, Zypern auch nicht, habs aber verstanden. Österreich hatte ich gar nicht auf der Rechnung, für den Deutschen dagegen freue ich mich ehrlich. Ungarn war toll, die litauische Elfe hätte ich auch gern weiter vorne gesehen, und dann war da noch dieses schwedische Retro-Lied, wo wir hier saßen und uns gefragt haben, an wen uns das bloß erinnert …
Hach, jedes Jahr – und bei Barbara Schöneberger hat es dieses Jahr nicht geregnet! 😉
Liebe Grüße
Christiane
17. Mai 2018 um 8:46 Uhr
Haha, genau das schrieb ich gerade in meinem Vorkommentar. Der Hamburger Regen als Sinnbild für das deutsche Abschneiden (inkl. halbleerer Reeperbahn)…:D Großartig!
Hab’s auch schon erwähnt, Israel hatte zwei wichtige Zutaten: starker Refrain, authentische und starke Erscheinung. Der Rest war gaga und das ist auch gut so beim ESC. Mir war einiges zu glatt, was vor allen bei den “Jurys” (wer stellt die eigentlich zusammen…grausam) gut ankam: Schweden, Österreich, Zypern, Norwegen (das Gewinnerlied von Rybak von 2009 finde ich z.B. grandios, was hat er sich dabei gedacht???). Ich stehe da mehr so auf das Unkonventionelle … Dieses Jahr Slowenien, Finnland, Italien, Litauen und vor allem Ungarn. Die Jungs haben das durchgezogen, mit dem Wissen, das alle Jurys sich die Ohren zuhalten. Aber die hatten Spaß. 😀 😀
17. Mai 2018 um 8:51 Uhr
A propos Ungarn: wenn du Facebook hast, unbedingt reinschauen…xD xD
https://www.facebook.com/dragonba11z/photos/a.193947580724930.40459.172926856160336/1936171983169139/?type=3&theater
18. Mai 2018 um 12:53 Uhr
Näääää, dat wa’ doch wie ümma!
Songkompost oder so. Nüscht dabei. Ungarngebläk? Metal sollte das sein? Hahahahah! Grunge in noch schlechter und dazu dieses unentschiedene Outfit: Muezzinbärte zu Heinrich Himmler-Gedächtnis-Skalpfräse. Call it von mir aus Undercut. Früher hieß es “Koppelbreite über dem Ohr frei” bzw. Fassonschnitt und war IMMER SCHEIßE! Wetten, die gehn hinter die Bühne und gurgeln mit Latte Macciato!
Wat wa’noch? Schwedens Timberlake Recycling. Dann die Schlauchbotlippe für Zypern. Israels Beth Dito trägt die Klamotten von Björk auf und dreht Nina Hagen und Pere Ubu durch den Tonwolf (mit ner Prise Torfrockhühnerstall) …. und Deutschlands Ed Sheeran jammert (zur Abwechslung wenigstens mal englisch) in der gleichen Tonlage wie all die Giesingeristen Forster drauflos. Bä.
Mit Musik hatte det Dingens ja noch nie was wirklich zu tun. Euf-Phoooooobiaaaaaa!
Okay. Lena fand ick juut damals. Die ganze erste CD! Steht noch hier..
18. Mai 2018 um 15:19 Uhr
Neee, sach bloß… Die haste??? Aber ehrlich, haste immerhin bis zum Ende geguckt? Stark! Dann kamste weiter als meine Jungs… 😊
Nimms nicht zu ernst… Aber das mit den Frisuren ist echt übel… 😮
18. Mai 2018 um 17:33 Uhr
Ich guck das jedes Jahr mit Freunden, aber nur um den Giftzahn zu wetzen. Is’unsere Art von Stunksitzung.
Wie meinstn das mit den Frisuren?
“Die Frisuren sind übel.” (…würde stimmen) oder mein” Satz darüber ist übel” (Der is’aber wahr!)
18. Mai 2018 um 17:35 Uhr
Jeder hat seine Aufgabe… Und jeder ist wichtig! 😊 Ersteres… Die Frisuren die du beschrubst waren echt übel 😉