Für eine kurze Zeit war die Sonne da, schon ist sie wieder weg. Der Frühling war kurz, behalten wir ihn in guter Erinnerung. Vor allem vor dem Hintergrund, dass ich als Geograf behaupte, es gibt nur noch drei Jahreszeiten: Sommer, Winter und Scheiße. Isso. Dabei ist/war der Frühling eine so schöne Jahreszeit. Die Synapsen am Körper öffnen sich, recken sich nach Wärme und Sonnenstrahlen. Sind wir nicht alle Pflanzen? Dazu passt die heutige Tagesempfehlung aus dem Hause der liebevollen Chaoten. Emil und Jakob entdecken Großes in Sachen Soul und R’n’B. Stevie Wonder lehrt Liebe und Vertrauen an schwarzen und weißen Tasten. Der Lehrplan gefällt, die Zwillinge goutieren das Gehörte mit einem rhythmischen Kopfwackeln. Plötzlich ist Frühling. 1973. Irgendwo im Herzen.
Hall Of Fame
Das Werk und Schaffen Stevie Wonders in ein Sahnehäubchen zu packen ist vermessen. Der 1950 in Michigan geborene Künstler beherrscht ganze Musikgenres seit er als Kind in den frühen 1960er-Jahren erstmals die Bühne betrat. Mit elf Jahren veröffentlicht er erste Kompositionen, mit 13 kann er sich als jüngster Musiker aller Zeiten in den amerikanischen Billboard Charts platzieren. In den 1970er- und 1980er-Jahren erlebt Stevie Wonder seine kommerziell erfolgreichste Zeit. Mit insgesamt zwölf Studioalben und zahlreichen #1-Hits (Superstition, You Are The Sunshine Of My Life, Ebony And Ivory, I Just Called To Say I Love You). Obwohl er nach 1995 nur ein Studioalbum veröffentlicht, empfängt er in seiner Karriere 25 (!) Grammy Awards. 2014 ehrt ihn Barack Obama mit der Presidential Medal Of Freedom. So viel zu seinem Lebenswerk. In kurzen Zeilen.
Don’t You Worry ‘Bout A Thing erscheint 1973 auf seinem 16. Studioalbum Innervisions und im März 1974 als Singleauskopplung. Das schmissige Latin-Intro macht sofort gute Laune und unterstreicht die Botschaft des Songs, stets das Positive in den Dingen zu sehen. Das Album enthält mit Higher Ground einen weiteren Song, der 26 Jahre später einer jungen aufstrebenden Band aus Los Angeles zum kommerziellen Durchbruch verhilft. Fleas Bassspiel verleiht dem Song, und damit den Red Hot Chili Peppers, neue Energie und Beachtung außerhalb kalifornischer Grenzen. Gerne lege ich euch den Vergleich in die unten eingebettete Playlist.
Referenz
Es ist unglaublich, wie viele Kompositionen von Stevie Wonder sich in Songs der jüngeren Musikgeschichte wiederfinden. Der heute 67-jährige prägt maßgeblich die Entwicklung des Soul und R’n’B der letzten 50 Jahre und gilt als Referenz für alle Künstler dieser Genres. Möge ihm die Zukunft weiterhin Gesundheit schenken. Emil und Jakob entdecken Don’t You Worry ‘Bout A Thing in einer Version von Tori Kelly auf dem Soundtrack des Animationsfilms Sing. Mit weniger Latin, mehr Soul und Pop. Aber immer noch mit viel Frühling. 1973. Als es noch vier Jahreszeiten gab.
Unnützes Kneipenwissen I: Das Intro des Songs gilt als Reminiszenz an Horace Silver’s “Song For My Father”.
Unnützes Kneipenwissen II: Die Blindheit von Stevie Wonder resultiert aus seiner eigenen Frühgeburt und der daraus resultierenden Beatmung mit erhöhter Sauerstoffkonzentration mittels Inkubator. Dies führte zur Frühgeborenen-Retinopathie und letztendlich zur Blindheit im Säuglingsalter.
… noch einer muss …
Unnützes Kneipenwissen III: Obwohl Stevie Wonder seit seinem elften Lebensjahr regelmäßig Platten veröffentlicht, machte er mit 14 Jahren bewusst ein komplettes Jahr Pause. Der Grund: Stimmbruch. Es trifft auch die Besten.
Jede Woche begleite ich meine Zwillinge Emil und Jakob auf ihrem Weg durch die musikalische Welt. Wo bleiben sie stehen, wo verweilen sie? Wo sehe ich mich, wo laufe ich weg? Jeder Tag voller Spannung und vor allem, nie ohne Musik. Erfahrt hier mehr über die Songs der Sahnehäubchen.
8. März 2018 um 9:15 Uhr
Ja! Sehr geile Musik!
8. März 2018 um 11:04 Uhr
Aber hallo! Da ist immer Zeit für… 😀
8. März 2018 um 22:06 Uhr
Mein erster Kontakt zu Stevie Wonder war wohl 1966 mit Uptight, dann 1969 als sowohl Yesterme, yesteryou, yesterday und my cherie amour veröffentlicht wurden. Ich war zwölf und hatte im Radio gehört, daß dieser junge Mann schon eine Weile als “little Stevie Wonder” Erfolg hatte.
Später hatte meine Schwester eine Freundin, die die inzwischen aktuellen Platten mitbrachte: Innervisions, Songs in the key of life, Fulfillingness’ first finale,The secret life of plants. Sie hatte nicht alle, aber mit der Zeit sammelten sich die meisten an und wurden sehr oft gehört.
Ich habe erst vor kurzem wieder einen Nostalgieschub verspürt und mir einige Sachen und auch Live Konzerte auf youtube angeschaut. Stevie Wonder ist ein Musiker und Songwriter für die Ewigkeit, er transzendiert (durch sein umfassendes musikalisches Können) jedwede Mode und dringt musikalisch wie textuell weit vor in die Psyche und das Rythmuszentrum der Hörer.
Zugegeben, es gibt ein paar Stücke, die muß ich nicht mehr hören (I just called…, Ebony and Ivory, etc.), dafür hat es soviele Stücke, die durch Jazz Akkordwechsel und andere ungewöhnliche Kompositionsvarianten auffallen, daß ich mich noch lange nicht satt gehört habe.
Einen weiteren interessanten Aspekt gibt es zu Stevie Wonder zu erwähnen: In der amerikanischen Gesellschaft, in der ich mich bewege, ist er der Konsensmusiker für alle Rassen, ein Mann, der immer nur geeint hat, obwohl er immer wieder Rassismus und Ungleichheit angeprangert hat. Und das schon seit den späten 60’ern.
Meine Verbeugung.
9. März 2018 um 1:04 Uhr
Lieber Alex, definitiv der Kommentarpreis des Jahres an dich! Verdammt starker Einwand und Einblick in deinen Erfahrungsschatz! Vielen, vielen Dank! 😊👏
11. März 2018 um 9:37 Uhr
Stevie Wonder ist absolut großartig!!! Höre ich auch immer wieder gerne 👍 viele Grüße
11. März 2018 um 10:10 Uhr
Liebsten Dank! Da kommt man(n) wirklich nicht vorbei… 😉😊
26. März 2018 um 6:44 Uhr
Stevie Wonder hab ich, als ich anno 75 zum Musikjunkie wurde als Namen wahrgenommen, als Soulpapst.
Aber Soul gefiel mir da noch nicht. (Außer wenn’s gefälliger Phillysound war) Ich brauchte “harten” Glamrock und schöne Schnulzen a la “One way wind”, später Artrock, dann Punk. Soul war Disco und unter Verruf. Aber dann kam die “Songs in the key of life” heraus und hatte eine Menge airplay zur Folge. Village ghetto land! Auch ältere Sachen wurden von ihm wieder gespielt – sehr geil: Livin’ for the city! – so hatte ich um 78 herum auch eine intensive Stevie Wonder Phase. “Hotter than july” mochte ich auch noch, aber dann radierte die NDW viel Interesse an nichtdeutscher Mugge vorübergehend aus. Alles, was in den 80ern im Radio von ihm zu hören war, war Murks. Besonders dieses gräßliche McCartney-Duett “Ebony & Ivory” (das ist so eine Peinlichkeit wie Nicoles “Ein bißchen Frieden”, spießig winselnd, das Gegenteil von Progressivität) und “Part time lover” – so billig-80er-Bums eben.
Aber in den 70ern hat er praktisch nichts Schlechtes gemacht.
26. März 2018 um 8:32 Uhr
Das stimmt, die 70 er sind unantastbar. In den 80ern, wie viele andere Erfolgskünstler aus den 70ern auf der Suche nach dem Maß (Abba haben es rechtzeitig erkannt und aufgegeben, oder Supertramp)… Finde Ebony and Ivory auch ganz schlimm… 🙈