Die Zwillinge sind jetzt Sieben. Seit vergangenem Sonntag. Beide. Also 14 zusammengerechnet. Noch vier Jahre, dann ziehen Sie aus. So rechne ich. Alle Geburtstagsgäste ohne Platzwunden wieder abgeliefert. Keine Verluste zu beklagen. Da ungefähr 3.287 Legosteine als Geschenk dienten, bauen die beiden derzeit fleißig. Ich beherrsche derweil meinen Drang alles besser und schöner aufzubauen. Auch was das repetieren von Songtexten angeht, üben Emil und Jakob fleißig. Beim Zusammensetzen der bunten Steine aus Dänemark erschallt eine Parole durch die Wohnung, die auch dem geübtesten Hörer keinen Hinweis auf das gesungene Musikstück liefert. Deswegen löse ich es auf. “Eat The Rich” von Aerosmith ist der aktuelle, heiße Scheiß. Jakob und Emil finden es entzückend. Vor allem, dass der nächste Song “Get A Grip” vom gleichnamigen Album mit einem exzessiven Rülpser einleitet, setzt dem Ganzen die Krone auf. Willkommen in meiner (derzeitigen) Welt. It’s a man’s world.

Silverstone + Tyler = Uuuuuuhhhhh

Die Get A Grip von Aerosmith hatte 1993 irgendwie jeder. Das erklärt, warum davon insgesamt knapp 14 Millionen Exemplare des Albums über den Ladentisch gingen. Aerosmith war in jener Zeit sehr präsent. Sänger Steven Tyler sah noch nicht aus wie 100 (höchstens 70). Die Videos mit Edward Furlong (“Living On The Edge“), Alicia Silverstone und Tochter Liv Tyler (“Crazy“, “Cryin’“) waren auf MTV dauerpräsent.

Während die Karriere Furlongs wieder an Auftrieb verlor, starteten Silverstone und Tyler als Schauspielerinnen und Models richtig durch. Für beide Teenager waren die Musikvideos der Durchbruch. Ansonsten passt das Album in Sachen Sound, Optik und Produktion perfekt in die frühen 1990er-Jahre. Aerosmith schwammen erfolgreich im Windschatten des Grunge, Guns ‘N Roses und Metallica.

Die 1980er-Jahre hingegen waren ein einziger Überlebenskampf für die Band. Erst die Kollaboration mit Run-DMC beim Titel “Walk This Way” brachten Aerosmith den gewohnten Erfolg aus den 1970er-Jahren zurück. Dieser gipfelte 1993 in ihrem bis heute meistverkauften Album Get A Grip. Immerhin bereits das elfte Studioalbum der Mannen um Steven Tyler und Joe Perry. Den Classic Rock am Ende erfolgreich in die Rockmusik des ausklingenden Jahrtausends gerettet. Allerdings erschienen nach Get A Grip bis heute nur noch vier weitere Studioalben.

Nicht zu wörtlich

Eat The Rich ist der eigentliche Opener des Albums. Zuvor folgt lediglich ein Intro, auf dem Tyler mehr schlecht als recht seine Rapskills zum Besten gibt und Perry das Riff von Walk This Way anzupft. Für mich ist Eat The Rich einer der besten Tracks des Albums, da er ordentlich groovt und eine temporeiche Aggressivität mitbringt. Dazu die Fist-In-The-Air-Parole “Eat The Rich”, die, wie ich jetzt weiß, auch bei frischen Siebenjährigen ankommt. Der Schulhof kann sich freuen, der Englischunterricht sowieso. Hoffentlich nehmen die Jungs es nicht zu wörtlich.

 

Unnützes Kneipenwissen: Eat The Rich wurde imm Studio mit sechs polynesischen Trommeln eingespielt. Dies sollte das Dschungel-Thema unterstreichen und dem Song seinen “wilden Charakter” geben.

 


 

Jede Woche begleite ich meine Zwillinge Emil und Jakob auf ihrem Weg durch die musikalische Welt. Wo bleiben sie stehen, wo verweilen sie? Wo sehe ich mich, wo laufe ich weg? Jeder Tag voller Spannung und vor allem, nie ohne Musik.