Sahneplatte von Carsten Sander
Ich möchte der Einladung von Torsten nachkommen und hiermit einen Gastbeitrag für sahneplatten.de beisteuern. Ich freue mich darüber, dass das Album von AFI für ihn eine Entdeckung ist. Für mich gehört es schon seit längerem zu den Klassikern, in die ich gern heute noch reinhöre.
Späte Entdeckung
Sing the Sorrow und die Kapelle, die dieses großartige Album auflegte, kamen relativ spät auf meinen Plattenteller. In den 2000er Jahren war ich hauptsächlich auf Konzerten und Festivals unterwegs, wo Punk-Rock und Hardcore gespielt wurde und verfolgte Bands wie Bouncing Souls oder Anti Flag. Ich informierte mich regelmäßig über Neuerscheinungen, Meinungen und Konzerttermine über das Fanzine „wasteofmind.de“.
Heute würde man es „viral“ nennen. Ich kam nicht umhin, immer wieder zu lesen, dass Sing the Sorrow zu den musikalischen Einflüssen vieler Bands zähle. Dieses Album sei nicht hoch genug einzuschätzen. Ich ging dem also auf den Grund und kaufte mir die Platte.
Ungewohnte Klänge
Schon beim ersten Hören hat mich das Album auf eine Reise mitgenommen. Musikalisch war ich nicht mehr ganz so verbohrt und die lebendige Experimentierfreude, die in jedem Stück rauszuhören ist, hinterlässt einen düsteren Klangteppich auf dem man gerne verweilt. Der Einstieg ist schon episch und im Verlauf der Tracks geben sich melodisch-dramatischer Gesang, Choräle und Scream-Passagen die Hand. Neben dem, für den Punk-Rock typischen, Gitarren- und Schlagzeugspiel, alternieren langsame und druckvolle Passagen. Pianos, Streicher und elektronische Klänge fügen sich erstaunlich harmonisch ein.
Trotz der Vermischung verschiedener Stil-Elemente, die bei manch einer verkopften “Post-was-auch-immer-Band” Irritationen hervorruft, sind die Tracks eingängig. Jedem Lied ist es anzumerken, dass es entführen möchte und es auch so gewollt ist – eine kompositorische Glanzleistung. Textlich untypisch emotionalisiert das Album sehr. Es wird düster. Mir fällt es schwer, das Album in ein Genre einzuteilen. Dazu ist mir auch zu wenig Artverwandtes bekannt. Emotionaler Post-Hardcore beschreibt es wohl am nächsten.
Pickeliger Punk-Rock adé
Für AFI war das Album ein Meilenstein in der Bandgeschichte. 1991 in der High-School gegründet, brachten sie zunächst fünf Alben heraus. Alle erregten nicht mehr Aufmerksamkeit als handelsübliche Punk-Rock-Scheiben. Mit Sing the Sorrow sollte sich das ändern. Durch den Plattenvertrag mit dem Major DreamWorks erfolgte eine Komplettsanierung. Neben dem musikalischen Neuanfang wurde ein neues, düsteres, emotionales sowie unpolitisches Image erschaffen. Die Band rund um Davey Havok (Sänger und Gründungsmitglied) wurde optisch überarbeitet. Wie von Emo-Bands bekannt, bestimmen seither die Farbe schwarz und viel Kayal das Erscheinungsbild.
Es mag der Band vielleicht Unrecht tun, aber es wird vermutet, dass die Produzenten Jerry Finn und Butch Vig (Mitglied der Band Garbage und Produzent von Nirvanas Nevermind) maßgeblich verantwortlich für den Erfolg waren. In deren Köpfen sei Sing the Sorrow entstanden. Der Hörer soll merken, dass das Studio-Album überproduziert sei. Ob es so ist, weiß ich nicht. Das zu entscheiden möchte ich anderen überlassen, für mich ist der Hörgenuss entscheidend. Dieser hat mich überzeugt.
Lieblingsstücke herausheben würde diesem Album als Gesamtwerk nicht gerecht werden. Ich empfehle euch, 55:54 Minuten Zeit zu nehmen und es von vorn nach hinten zu hören.
AFI – Sing the Sorrow
Genre: | Rock |
Stil: | Alternative Rock, Post-Hardcore, Punk, Emo |
Jahr: | 2003 |
Anzahl Titel: | 12 |
Laufzeit: | 55:54 |
Tracklist
Miseria Cantare - The Beginning | 2:57 |
The Leaving Song Pt. II | 3:31 |
Bleed Black | 4:15 |
Silver and Cold | 4:11 |
Dancing Through Sunday | 2:26 |
Girl's Not Grey | 3:10 |
Death of Seasons | 3:59 |
The Great Disappointment | 5:27 |
Paper Airplanes (makeshift wings) | 3:58 |
This Celluloid Dream | 4:11 |
The Leaving Song | 2:44 |
...but home is nowhere (+ Hidden Track) | 15:07 |
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