Lange nix mehr von den Jungs gehört. Ist mal wieder Zeit. Jetzt wo die Tage kürzer und grauer werden. Emil und Jakob stecken in der Popmusik. Knietief. Ich bin sehr froh, dass es in dieser Angelegenheit auch mal eine Abwechslung zur ständigen Wiederholung aktueller Charts-Schmonzetten gibt. Synth-Pop ist dran. Eine Reise in meine eigene Vergangenheit. Apfel, Baum und so. Wir steigen richtig tief in die 80er. Und versuchen zu verstehen, worum es da eigentlich geht. “Papa, spielst du nochmal das Lied, das wir hörten, als wir beim Fußball 7:1 gewonnen haben?”. Um es richtigzustellen, sie gewannen 8:2. Aber bevor jetzt jemand denkt, ich ziehe Wunderkinder groß, die darauffolgende Woche verloren sie 1:4. Es sind bloß Jungs aus der Nachbarschaft, die als Verein ein wenig zusammen kicken. Aber das 7:1, pardon, 8:2, steht nun Pate für New Order. True Faith.
Was will er uns damit sagen?
Als Deborah Curtis ihren Ehemann Ian am 19. Mai 1980 tot in ihrer Wohnung findet, weint der Himmel über Manchester. Mit 23 Jahren erhängt er sich und hievt posthum seine junge Band Joy Division, und sich selbst, in den Ikonenstatus. Die restlichen Bandmitglieder, Bernard Sumner (Gitarre), Peter Hook (Bass) und Stephen Morris (Schlagzeug), stehen vor einer ungewissen Zukunft. Curtis war mit seinem Auftritt und seiner Stimme das Alleinstellungsmerkmal der Band und der lange Schweif der Sternschnuppe, die verglühte. Die drei Verbliebenen schließen schnell den Entschluss, weiter zu machen. Allerdings nicht unter dem Namen Joy Division. Als Curtis noch lebte, schwor die Band ihren Namen abzulegen, sollte einer aus ihr ausscheiden. Ihr Manager Rob Gretton konfrontiert die Band mit einem neuen Namen, den er aus einem Zeitungsartikel entnimmt: New Order. Die Band willigt ein, stellt fortan Sumner ans Mikrofon und nimmt Gillian Gilbert an Gitarre und Keyboard als neues Mitglied auf.
Neben Depeche Mode und später den Pet Shop Boys, entwickeln sich New Order zur wichtigsten und erfolgreichsten Synth-Pop-Band Großbritanniens. Immer etwas düster in ihren Texten, hebt sich ihre Musik deutlich vom dunklen Post-Punk Joy Divisions ab. Obwohl sie bis 1986 vier Alben veröffentlichen, sind es die Singles, die großen Erfolg bringen. 1983 veröffentlichen sie den Song Blue Monday, der mit seinen sieben Minuten Spielzeit bis heute die meistverkaufte Maxisingle (12”) aller Zeiten ist. Nach vier Alben erscheint 1987 die erste Best of-Platte von New Order, Substance. Darauf enthalten ist der Song True Faith, der auf keinem Studioalbum der Band zu finden ist. True Faith wird zum Top Ten-Hit und einer der populärsten Songs der Band. Eine Metapher der 80er. Dabei wirft er Fragen auf. Allen voran das Video, welches den Begriff “künstlerische Freiheit” vollauf neu definiert. Was will uns die Band und Regisseur Philippe Decouflé, ein französischer Choreograf, damit sagen?
Tagesaufgabe
Emil und Jakob fragen immer öfter, “Worüber singt der?”. Auf der Rückfahrt vom Spiel war das eine überaus berechtigte Frage. Zwischen Burger und Pommes. Anwesende Erwachsene schauen sich an und sind konträrer Meinung. Richtet sich der Text an eine andere Person? Oder doch an sich selbst? Geht es um Liebe? Ums Verlassen werden? Oder doch um Drogen? So ganz löst es die Band nie auf und verschiedene Mitglieder stützen diverse Theorien. Heroinabhängige erkennen im Text von True Faith das Gefühl, welches die Befriedigung der Sucht auslöst. Somit stellen die Siebenjährigen, ohne es zu wissen, den Erwachsenen eine knifflige Tagesaufgabe. Bei dem was sonst im Radio läuft, ist die Antwort stets viel einfacher.
Unnützes Kneipenwissen I: Kurz vor Veröffentlichung von True Faith ändert die Band eine Zeile im Text. Aus Angst, dass die BBC den Song sonst nicht im Radio spielt. “When I was a very small boy, very small boys talked to me, now that we’ve grown up together, they’re all taking drugs with me” wird zu “they’re afraid of what they see,”. Live singt Sumner weiterhin die Originalzeile.
Unnützes Kneipenwissen II: Der Song findet 2000 eine prominente Verwendung in der Anfangsszene des Films American Psycho mit Christian Bale.
Jede Woche begleite ich meine Zwillinge Emil und Jakob auf ihrem Weg durch die musikalische Welt. Wo bleiben sie stehen, wo verweilen sie? Wo sehe ich mich, wo laufe ich weg? Jeder Tag voller Spannung und vor allem, nie ohne Musik. Erfahrt hier mehr über die Songs der Sahnehäubchen.
4. Oktober 2018 um 8:26 Uhr
Blue Monday war meine erste Maxi Platte überhaupt. Die erste eigene Platte, die allein Musik spielte ohne Märchen. Geschenkt bekam ich sie von meinem ersten Händchenhaltefreund. Er hatte die Platte seinem großen Bruder abgeluxt, gegen eine Woche Spüldienst übernehmen. Er wusste, ich mag das Lied, weil ich auf den Boden liegend immer versuchte mit meinem Tonbandgerät das Lied mal aus dem Radio aufzunehmen, ohne dass Oma zum Essen ruft oder der Radio Moderator ins Lied quatscht. Das muss so 1987 gewesen sein. Kurze Zeit später meinte er, dass unsere Beziehung keine Zukunft mehr hätte, denn Melanie aus der parallel Klasse fand ihn süß und die hatte einen Bruder, der nebenbei im Kino jobbte. Na, da konnte ich nicht gegen halten, hatte aber jetzt die Möglichkeit, ohne Gequatsche, Blue Monday zu hören. 😀
4. Oktober 2018 um 9:28 Uhr
❤️❤️ Wie wunderbar… “ohne Märchen”… Und Melanie ist jetzt bestimmt ganz hässlich… 🙈😂
4. Oktober 2018 um 9:09 Uhr
Die Zwillinge kommen zurück zu guter Musik😊😉
Synthpop der Achtziger ist genau meins und True Faith ist wahrscheinlich der mainstreamigste Song von New Order, aber auch einer ihrer besten.
4. Oktober 2018 um 9:31 Uhr
Sie kommen zurück… Ist nur die Frage, ob sie bleiben… 😉😬.
Ja, stimme dir zu, wobei “Bizarre Love Triangle” auch sehr Mainstream ist. Eigentlich sogar mein heimlicher Lieblingssong, da er so cheezy ist. Das komplette Gegenteil von Joy Division…
4. Oktober 2018 um 9:34 Uhr
Der ist auch gut, auch wenn ich “Blue Monday” mit Abstand am meisten von ihnen liebe. Ich müsste öfter die Best-of CD von ihnen, die ich mir vor zwei oder drei Jahren gekauft habe, hören…
4. Oktober 2018 um 9:57 Uhr
Das stimmt..! Welche Best of hast du? Es gibt so viele… 😉
4. Oktober 2018 um 10:27 Uhr
Total Best of Joy Division und New Order. Also auch mit den Hits der Vorgängerband, es ist köstlich
4. Oktober 2018 um 10:28 Uhr
😳😳 Wow, wusste gar nicht das es sowas gibt… 😊
4. Oktober 2018 um 10:29 Uhr
War ein 5,99€ Schnapper bei Saturn😉
4. Oktober 2018 um 10:38 Uhr
Na dann… 😊😊
4. Oktober 2018 um 9:52 Uhr
Yeah, eine meiner Lieblingsalben……… 🙂
4. Oktober 2018 um 9:58 Uhr
Saustark! 😊🙌🏻
4. Oktober 2018 um 9:55 Uhr
Dont walk away in silence… don’t wa-ha-ha-halk in silence….
Joy Division hatten was; werden aber trotzdem überschätzt. Nicht alle Songs sind gut gealtert. New Order…. Nö….nix mehr. Blue Monday stand exemplarisch für dieses Mitachziger Gekloppe und Zeitgeschinde. Maxieswahn halt: Scratcheffekte-Herumgestotter, nur weil man auf 7 Minuten kommen will, obwohl man nur für 45 Sekunden Einfälle hatte…. Viele meiner Alterskohorte sprangen damals mit Mitte 20 bereits ab und alterten — anders.
4. Oktober 2018 um 10:00 Uhr
Joy Division waren auch handwerklich nicht überaus gut, sie waren halt neu. Und jung…. Ja, in den 70er und 80er hatte man noch Zeit für 7 Minuten. In den 70er war es Gegniedel in den 80er Gefiepe… Hat sich nur instrumental verändert… 😂😂😂
4. Oktober 2018 um 18:56 Uhr
Nur setzte das “Gegniedel” noch Musikalität voraus. Die Scratcheffekte brauchten nur noch einen akkordarbeitenden lustlosen Tontechniker.
4. Oktober 2018 um 19:01 Uhr
Da würde ich mal eine feine Grenze vermuten… 😂😂😂
4. Oktober 2018 um 11:19 Uhr
Absolut großartig, ich liebe New Order 😊👍
4. Oktober 2018 um 11:31 Uhr
Perfekt, herzlich willkommen! 🤗😊