Fast anderthalb Monate ohne Sahnehäubchen. Verrückt. Wird mal wieder höchste Eisenbahn. Gut, die Zwillinge haben Ferien, da dreht sich die Welt ein gutes Stück langsamer. Und dann diese Hitze! Deutschland schmilzt und ächzt unter den Strahlen seines Himmelskörpers. Emil und Jakob verbringen ihre Zeit zwischen Freibad und “Ich-bleib-so-lange-auf-wie-ich-kann”-Projekten. Und frönen neuer Musik. Allerdings, und leider, mehr “Döp döp döp” als Poesie. Die Kirmes ist in der Stadt und hat sich, wie es scheint, für länger eingenistet. Es überwiegt derzeit das Mainstream-Radio und treibt Stilblüten. Heute, aus der Rubrik “Rolltreppe abwärts”, eine Band, die ich einst vergötterte und die mich heute ratlos an der Landstraße des Lebens stehen lässt. Nein, nicht The Chainsmokers!

Vielleicht Knicklichter?

Früher war Musik einfach zu verstehen. Da gab es klare Regeln, was das ist, was du da gerade hörst. Pop, Rock, R&B, Punk, Metal, Rap. Fertig! Heute ist das anders. Genau wie ein Barista raketenwissenschaftsähnliche Kaffeekreationen kredenzt, braucht jede neue Mélange in der Musik einen Namen. Zum Beispiel “Deep House”. The Chainsmokers sind ein amerikanisches DJ-Duo aus New York und bringen seit 2009 ihre bass- und breaklastigen Tracks unter die Menschen. Ja, so heißt das heute. Kunststudent Alexander Pall und der angehende Journalist Rhett Bixler treten in der Anfangszeit als reines DJ-Duo auf, bis sie auf ihren ersten Manager treffen. 2012 verlässt Bixler das Projekt und wird durch Andrew Taggart ersetzt, der “Music Business” studiert und beim Label Interscope arbeitet. The Chainsmokers beginnen, ihre eigene Musik zu produzieren und zu veröffentlichen.

Ihr Stil bekommt alsbald einen eigenen Namen: “Future Bass”. Womit wir wieder bei der oben erwähnten Mélange wären. 2017 wird ihr Debütalbum Memories…Do Not Open zum Ding der Stunde und glänzt mit zahlreichen Kollaborationen. Eine davon ist Chris Martin, seines Zeichens Ex-Mann von Schauspielerin Gwyneth Paltrow und nebenbei Sänger der britischen Band Coldplay. Gott, was vergöttere ich die ersten beiden Alben dieser Band! Und heute bin ich ratlos, was Coldplay noch sind? Ich denke eine Band für Menschen, die es lieben, fluoreszierende Knicklichter in die Höhe zu recken und auf Konfettiregen zu warten. Jedenfalls, nach eigener Aussage von The Chainsmokers, genießen die beiden DJs die Zusammenarbeit im Studio mit dem “kreativ übersprudelnden” Martin und veröffentlichen die gemeinsame Kollaboration Something Just Like This als Single.

“Catchy”

Im Februar 2017 veröffentlicht, wird der Song ein Hit und überschwemmt das Mainstream-Radio im Nu. Dabei wirkt der Song eher gewollt als kreativ. Um im neuen Sprachgebrauch zu bleiben, ist Something Just Like This “catchy” und die “Breakdowns” am Ende des Refrains arg vorhersehbar. Aber ich denke, so funktioniert das heute. Die Knicklichtindustrie freut es. Erstaunlich ist, dass alle Mitglieder von Coldplay an dem Stück aktiv mitgewirkt und gar -geschrieben, haben. Ob der Song nun dem Kreativpotential dieser Band entspricht oder ob er dumpf und uninspiriert wirkt, überlasse ich jedem einzelnen Hörer. Ein Ohrwurm ist er in jedem Fall, was nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal sein muss. In meinem Auto wird die Kirmes noch einige Tage (oder Wochen) weitergehen. Macht euch also auf die nächsten Sahnehäubchen gefasst. Ich habe nie versprochen, dass es hier schön wird.

Unnützes Kneipenwissen I: Der Name The Chainsmokers kam auf sehr pragmatischem Wege zustande. Alexander Pall war zum Zeitpunkt der Gründung Raucher und glücklicherweise war auch noch die passende Domain frei. Einloggen, bitte!

Unnützes Kneipenwissen II: Der Grund, warum es Something Just Like This, trotz massivem Airplay, nirgendwo auf Platz #1 der Charts schaffte, heißt Ed Sheeran. Dessen Shape Of You war dann doch eine Nummer zu groß.

 


Jede Woche begleite ich meine Zwillinge Emil und Jakob auf ihrem Weg durch die musikalische Welt. Wo bleiben sie stehen, wo verweilen sie? Wo sehe ich mich, wo laufe ich weg? Jeder Tag voller Spannung und vor allem, nie ohne Musik. Erfahrt hier mehr über die Songs der Sahnehäubchen.